Drei Monate reise ich durch das Emerald Triangle. Mein erster Stop: Sunrise Gardens im Mendocino County. Ich spreche mit Frank darüber, wie er als Deutscher ins größte Cannabis-Anbaugebiet der USA gekommen ist, über seine Farm, Herausforderungen mit Sungrown-Cannabis und seine Erfahrungen die er als Grower im Norden Kaliforniens sammeln durfte.
Wir sitzen hier auf der Veranda von Sunrise Gardens, tief in den Hügeln des Mendocino County, im Bundesstaat Kalifornien an der Westküste der USA. Der Landkreis Mendocino County erstreckt sich von der Küste bis ins Landesinnere und hat eine wunderschöne Landschaft zu bieten, darunter die berühmten Redwoods, Weingebiete wie das Anderson Valley und charmante Küstenstädte wie das namensgebende Mendocino.
Es ist August, die Sonne brennt, ein warmer Wind weht und in der Ferne riecht es schon nach den ersten erntereifen Pflanzen. Vor uns: endlose Wälder, Canyons, staubige Pisten – und mitten drin, am Ende eines Schotterweges, eine mit Liebe bewirtschaftete Cannabis-Farm – Sunrise Gardens.

Hier lebt und arbeitet Frank, ein Deutscher, der 2007 den Sprung über den Atlantik gewagt hat, um seinen Traum vom Sungrown-Anbau im legendären, stark von der Gegenkultur geprägten Emerald Triangle, dem größten Anbaugebiet für Sungrown Cannabis in den USA, zu leben.
Ich will herausfinden, wie man sich in diesem abgelegenen Paradies behauptet – zwischen Waldbrandgefahr, Wassermangel und einer Cannabis-Kultur, die weltweit ihresgleichen sucht.
Angekommen im Paradies – Sunrise Gardens
GD420: Frank, bevor wir über deinen Weg hierher sprechen, beschreib uns mal, was man sieht, hört und riecht, wenn man zum ersten Mal auf Sunrise Gardens ankommt.
Frank: Man sieht auf jeden Fall sehr viele Pflanzen, wenn man zur richtigen Jahreszeit ankommt. Was man riecht, das kommt auch ein bisschen darauf an, zu welcher Jahreszeit man hier ist. Aber ich denke schon, dass man auch die nicht blühenden Pflanzen riechen kann. Und was hört man so? Nicht viel. Und das ist eigentlich der Hauptgrund, warum ich immer gerne wieder hierhin zurückkomme. In der Großstadt ist es laut, und hier ist es eher still. Man hört mal eine Biene die vorbeifliegt, oder ein Eichhörnchen im Baum. Das sind so die Geräusche, die man hier hören kann.

GD420: Sehr entspannt und ruhig also.
Frank: Ja, das stimmt. Das ist auf jeden Fall sehr ruhig. Man hat viel Natur hier um seine kleine Farm herum.
Als Deutscher in Kalifornien
GD420: Wir sind im Mendocino County. Was hat dich als Deutscher hierher verschlagen?
Frank: Mein Großvater war Amerikaner, er war zuerst Flüchtling und kam dann hierher. Meine Mutter, seine Tochter, blieb in Deutschland, weil sie dort meinen Vater kennengelernt hat. Ich war aber schon als Kind meinen Cousins hier sehr verbunden. Später bin ich dann über die Uni in meinen 20ern als Austauschstudent hier gewesen und hatte auch eine Beziehung. Eines führte zum anderen – und irgendwann stand ich mit einer Cannabis-Farm in Mendocino, Kalifornien.
GD420: Wie kommt es, dass du gerade im Mendocino County im Emerald Triangle gelandet bist?
Frank: Wir hatten damals Freunde, die hier schon angebaut haben, noch in den medizinischen Zeiten. Viele stammten aus Hippie-Familien aus Ithaca, New York, die schon immer ein bisschen in den Wäldern angebaut hatten. Ihre Kinder sagten sich: Wenn wir das in Kalifornien unter voller Sonne machen können und Patienten damit helfen – dann ist das perfekt. So entstand die Verbindung nach Mendocino.
Cannabisanbau im Emerald Triangle
GD420: Seit wann bauen die Menschen in dieser Region Cannabis an? Und warum gerade hier?
Frank: Wegen der Abgeschiedenheit und der geringen Bevölkerungsdichte. Mendocino, Humboldt und Trinity – besonders Trinity – sind extrem dünn besiedelt. Das war der ideale Rückzugsort für den Anbau.

GD420: Gab es einen Schlüsselmoment, in dem du wusstest: Das ist mein Leben – Grower mit eigener Farm?
Frank: Ja, mehrere. Ein Schlüsselmoment war, als wir zum Trimmen in Round Valley eingeladen wurden. Ganz abgelegen, fast schon wild. Ich erinnere mich, wie ich über den Garten und die Hügel schaute und dachte: Das könntest du auch machen. Und dass es wert ist, da Arbeit, Mühe und Herzblut reinzustecken. Aber es war kein einfaches Leben. Man musste abgelegen wohnen, damit Nachbarn einen nicht verraten. Es war Homesteading pur.
GD420: Wo hast du deine ersten Grow-Erfahrungen gesammelt?
Frank: In Deutschland hatte ich mal ein paar Pflanzen im Garten, aber nie Indoor. Für mich war Full-Sun-Growing immer das Faszinierendste. Ich habe nur draußen mit der Sonne gearbeitet und ich wollte immer schon mit der Natur arbeiten – mit Boden, Bakterien, Pilzen, Sonne und Wasser. Das war schon immer die Vision.
Homesteading – Abenteuer oder Überlebenskampf
GD420: Wie war dein erstes Jahr hier 2007 – Abenteuer oder Überlebenskampf?
Frank: Abenteuer, definitiv. Wir hatten Autos und moderne Technik, aber es ging viel um Infrastrukturaufbau. Wir haben mit Paletten und einem Zelt angefangen. Erst Wasser erschließen: Quellen anzapfen, Tanks und Pumpen bauen. Dann Hausfundament legen, Rohbau hochziehen, Deck mit Tipi bauen. Das erste Jahr war richtig viel Aufbauarbeit. Nebenbei sich um die Pflanzen kümmern.
GD420: Was bedeutet es, hier so abgelegen zu leben? Welche Skills braucht man?
Frank: Man muss breit aufgestellt sein und bereit, Neues zu lernen. Ich hatte von Elektrizität keine Ahnung, jetzt habe ich eine 5-Kilowatt-Solaranlage, größtenteils selbst gebaut. Hier gibt es keinen Strom, kein Wasser – alles musst du dir selbst besorgen. Also: neugierig sein und einfach machen.

Sunrise Gardens – Sungrown Cannabis aus dem Mendocino County
GD420: Erzähl uns von deinem Garten. Wie ist er aufgebaut?
Frank: Beete mit Kompostaufbereitung. Bodentests, Covercrops, Living-Soil-Zusätze: Kelp, Bone Meal, Neem, Guano. Viel Komposttee, KNF, Fischemulsion. Ziel ist, den Boden so zu füttern, dass er die Pflanzen über die Saison versorgt.
GD420: Wie lange dauert deine Saisonvorbereitung?
Frank: Vier bis sechs Wochen. Unkraut entfernen, Covercrops unterpflügen, Zusätze einarbeiten, Bewässerung reparieren. Dann geht’s los.
GD420: Bewässerst du deine Pflanzen vollautomatisch?
Frank: Ja, über Controller und Sprayer. Ich kann genau steuern, wann, wie lange und wie viel jede Pflanze Wasser bekommt. Tees werden händisch gegeben.
GD420: Arbeitest du rein organisch?
Frank: Ja, auf jeden Fall organisch. Nicht komplett closed-loop, aber so viel wie möglich aus der Umgebung.
Straintalk – Was steht in den Beeten?
GD420: Welche Sorten hast du dieses Jahr im Garten?
Frank: Trop Cherry – sehr lila, in der Bay Area gefragt. Dann Pinnacle von Purple City Genetics und Forbidden Blueprint, auch von Purple City. Besonders gespannt bin ich auf die Forbidden-Genetik: tolle Pflanze, schädlingsresistent, aber damals mit wenig THC. Mal sehen, ob das jetzt als Forbidden Blueprint besser ist.

GD420: Bist du offen für neue Genetiken oder bleibst du lieber bei Klassikern?
Frank: Eigentlich beides. Man will Sorten, die einfach wachsen und guten Ertrag bringen. Aber auch der Markt bestimmt: Wenn etwas gefragt ist, muss man es anbauen – wie beim Wein.
GD420: Arbeitest du nur mit Stecklingen oder auch mit Samen?
Frank: Kommerziell Clone-only, wegen der Konsistenz. Kleine Samenprojekte mache ich aber auch (zur Instagram-Seite gehts hier lang). Konsumenten wollen, dass ein OG Kush konsistent immer wie ein OG schmeckt – so wie beim Big Mac, egal wo auf der Welt. Daher siegen Stecklinge beim kommerziellen Anbau. Für Homegrower, die selbst selektieren und vielleicht auch mal kreuzen möchten, sind Samen interessanter.
Herausforderungen für Grower in Kalifornien
GD420: Hier ist es heiß, es gibt kaum Regen, es herrscht Waldbrandgefahr. Welche Vorkehrungen triffst du?
Frank: Standard-Feuerschutz: 30 Meter ums Haus den Boden von trockenem Holz und Gräsern frei halten, Bäume beschneiden, Sprinkler ums Haus. 2018 beim Mendocino Complex Fire war das Feuer nur 30 Meter vom Haus entfernt. Die Feuerwehr hat kontrolliert abgebrannt und das Haus eingeschäumt. Das Haus blieb stehen, aber die Ernte war verloren – komplett verraucht. Da wurde dann Destillat draus gemacht.

GD420: Wie bewertest du den regulierten Markt in Kalifornien?
Frank: Gescheitert. 65–85 % laufen noch über den traditionellen Markt. Der legale Markt ist fast dreimal so teuer durch Steuern, Gebühren, Bürokratie. Man dachte, der traditionelle Markt geht im legalen Markt auf – Trugschluss. Reformen? Direct-to-Consumer-Sales wären entscheidend. Dafür brauchen wir aber eine Legalisierung auf Bundesebene und eine Reform der UN Single Convention.
Ein Blick nach Deutschland
GD420: Wie siehst du die Entwicklung in Deutschland?
Frank: Ein historischer Schritt. Paradigmenwechsel nach 80 Jahren Prohibition. Aber: zu viel Regulierung, oft naiv umgesetzt. Viele Gemeinden blockieren Social Clubs, legen Gesetze restriktiv aus. Beispiel Stecklinge: Eigentlich im Sinne des Gesetzgebers frei handelbar, aber Gerichte blockieren. Da ist noch viel Luft nach oben.
GD420: Wenn du in Deutschland eine Farm aufbauen würdest – wie sähe das aus?
Frank: Ich würde mit Light Deprivation arbeiten – Treibhäuser mit Planen. In Deutschland gibt es Sommer mit 3–4 Monaten verlässlicher Sonne, da kann man gutes Sungrown produzieren. Auch mit Autoflower zur Extraktion. Indoor ist nicht nötig, wenn man die Natur richtig nutzt und entsprechend gut lagert.

Sunrise Gardens – Mendocino Sungrown – Zum Schluss ein Rat
GD420: Zum Abschluss: Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich geben?
Frank: Don’t stress too much. Weed always grows and weed always sells. Die Pflanze ist robust, verzeiht viel. Und am Ende findet sich immer ein Markt – mal schneller, mal langsamer, mal teurer, mal billiger. Ich hätte mir früher weniger Sorgen machen sollen.
Alternativ: Ein gesünderes Verhältnis zu den eigenen Fehlern. Wer Perfektion von sich selbst erwartet wird sich immer auch selbst enttäuschen. Fehler sind Lehrstunden die einem die Möglichkeit geben es besser zu machen. Mein jüngeres Ich hätte von weniger Selbstkritik profitiert.
GD420: Vielen Dank für das Gespräch Frank.
Frank: Danke dir!
Hier geht es zu meinem Interview mit Daniel von Heartrock Mountain Farm, der zweiten Station auf meinem Emerald Triangle-Trip.
Wow Hammer Interview. Geile Eindrücke coole Story. Hab es gelesen und saß quasi daneben.
Habe dein Trip richtig gefühlt 💚
Das freut mich sehr mein Lieber!