Es ist später Vormittag, und zwei junge Schweden aus der IT-Branche stehen am Tresen eines Cannabis Social Clubs in Playa del Inglés, Gran Canaria. Grinsend probieren sie sich durch das gesamte Sortiment – Blüten, Gummies, Edibles. Der spanische Budtender nimmt sich Zeit und packt die gewünschten Produkte ab.
Als ich sie frage, wie die Lage in Skandinavien aussieht, wirken beide frustriert: In ihrer Heimat ist Cannabis meist illegal – und das, obwohl z. B. in Dänemark tonnenweise medizinisches Cannabis für den Export angebaut wird.
Eigentlich sollte meine Reportage genauso beginnen. Eine Woche war ich im November 2025 in der Touristenhochburg Playa del Inglés unterwegs, fest entschlossen, den frischen Wind der neuen deutschen Clubregulierung mit der Realität der spanischen Clubs zu vergleichen – an einem Ort, der wie ein Brennglas für die Schwierigkeiten des Systems in Spanien steht.
Über Instagram schrieb ich mehrere Clubs an. Drei waren für ein Interview bereit. Allein in Playa del Inglés gibt es ca. 15 Clubs – doch im Gegensatz zu Barcelona agieren sie eher unter dem Radar. Ich lernte viele Menschen kennen: Aficionados, die wirklich Ahnung haben und das Thema leben; Locals aus ganz Europa, die hier ihren Traum vom Inselleben mit Social Club verbinden; und auch ein paar Modelle, bei denen „Social“ vermutlich mehr Marketing als gelebte Praxis ist.

Zwischen Neugier und Verantwortung
Ich hatte zunächst geplant, klassische Club-Porträts zu schreiben: Fotos, Blüten, Interieur, Menü – das typische Programm. Doch je mehr Gespräche ich führte, desto deutlicher wurde: Die Lage ist zu fragil. Ich entschied mich dagegen.
Spanien hat bis heute kein nationales Gesetz, das Clubs eindeutig regelt. Die meisten existieren nur dank Gerichtsurteilen, die bestimmte Rahmenbedingungen tolerieren. Clubs dürfen strenggenommen weder verkaufen noch kommerziell auftreten. Erlaubt ist nur der gemeinschaftliche Konsum innerhalb des Vereins. Alles andere – kommerzieller Anbau, Verteilung, Transport, Besitz in der Öffentlichkeit – verboten.
Daraus entstehen teilweise kuriose Konstruktionen: Man „kauft“ nichts, sondern erhält eine „gemeinschaftlich produzierte Menge“. Man soll idealerweise im Club konsumieren, da Besitz und Konsum auf der Straße nicht legal ist. Clubs posten täglich nur einen und immer denselben Post auf Instagram: „Wir haben nun geöffnet bis 22 Uhr“ – Werbeverbot. Auf Google Maps findet man aber dutzendweise Rezensionen. Denn die kommen ja von den Kund:innen – nicht vom Club.
Die Situation erinnert stark an das niederländische Coffeeshop-Paradox: vorne geduldet, hinten illegal. Dort versucht man nun mit dem „Wietexperiment“ aus dieser Bredouille herauszukommen. Geregelte Supply, Kontrolle von Seed bis Sale. Ich habe hier im Blog eine lange Reportage dazu gemacht.

Warum es hier keine Einzelporträts der Clubs gibt
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich den ursprünglich – leicht gonzo-artigen – Ansatz hier weiterverfolgen will: Clubs zeigen, Abläufe beschreiben, Einblick ins Innenleben geben, Zitate, Namen der Personen und so weiter. Ich habe mich dagegen entschieden.
Ich möchte keinen Club gefährden, keine falschen Schlüsse ziehen aus meist kurzen, einmaligen Gesprächen. Nicht aus Neugier oder Clickbait-Absicht Details öffentlich machen, die für Außenstehende spannend, für die Betreiber aber problematisch sein könnten.
Denn auch in Deutschland – trotz strenger Regeln, eigentlich klarer Gesetze und definierter Abläufe – gibt es Punkte, auf die man aktuell nicht zwingend mit dem Scheinwerferlicht leuchten muss, nur weil es möglich wäre.
Das Ziel dieser Reportage ist nicht Enthüllung, sondern Einordnung.
Nicht Pranger, sondern Kontext.

Wie die Szene auf mich wirkte
Die Clubs, die ich besucht habe, hatten sehr unterschiedliche Betreiberstrukturen: ein Club komplett von Spaniern geführt, ein anderer von einem Engländer gemeinsam mit einem Deutschen, zwei weitere von Italienern, die auf der Insel leben. Die Zielgruppen unterscheiden sich dabei kaum: Die Mehrheit sind in den meisten Clubs Tourist:innen, es folgen Residenten und Stammgäste. Der Club HerbPiece legt wert darauf, seine Gäste “Partner” zu nennen.
Das Setting – oft sehr ähnlich:
- Ein meist verlassener Teil eines Einkaufszentrums, zwei gesicherte Türen, dahinter ein Konsumraum mit Tresen, Billard, PlayStation oder Tischtennis, und eine Auswahl an Blüten, Hash, Edibles, Merch und Zubehör

Es gibt auch Clubs für Locals – etwa in San Fernando, mit deutlich familiärerer, nachbarschaftlicher Atmosphäre wie man mir sagt.
Einigen Clubs sah man an, wie sehr ihnen die Lage am Herzen liegt. Eine Betreiberin nahm sich drei Stunden Zeit für ein Gespräch, das eigentlich als kurzes Interview geplant war.
Am Ende bleibt dieser Eindruck: Die Szene lebt von Pragmatismus, Risikobereitschaft und Zurückhaltung. Sie wirkt gleichzeitig frei und verletzlich – und sie funktioniert nur, solange niemand zu sehr daran rüttelt. Einige Clubs mussten schon dauerhaft oder temporär schließen, weil Clubmitglieder oder die Clubs selbst andere Substanzen angeboten haben.
Wer die Stimmung dort erleben will, sollte selbst hingehen und sich ein Bild machen. Die meisten Clubs findet man über Instagram oder Google Maps. Die Clubs, mit denen ich gesprochen habe, findet ihr unten verlinkt.

Regel-Vergleich: Spanien vs. Deutschland
| Rubrik | Spanien | Deutschland |
|---|---|---|
| Rechtslage | Kein nationales Gesetz, Grauzone; Toleranz basiert auf Gerichtsurteilen | Cannabisanbauvereine seit 1.7.2024 gesetzlich geregelt im KCanG |
| Zweck des Clubs | Gemeinschaftlicher Konsum im Club | Versorgung der Mitglieder mit Eigenbedarfsmenge; Konsum im Club verboten |
| Mitgliedschaft | Volljährig; oft nur mit Empfehlung; schwankende Regeln | Ab 18, max. 500 Mitglieder, nur ein Club pro Person |
| Abgabemengen | Bedarfsgesteuert; oft ca. 2–3 g/Tag | Bis 25 g/Tag, 50 g/Monat |
| Preismodelle | Keine Gewinnerzielung, Kostendeckend | Neutral, Mitgliedsbeiträge |
| Konsum vor Ort | Konsum im Club üblich | Konsum im Club verboten |
| Anbau | Vereinsanbau in Grauzone; Dokumentation empfohlen, keine Laborkontrollen | Streng reguliert, gesicherte Flächen, Dokumentationspflicht, Laborkontrollen |
| Weitergabe / Handel | Keine Weitergabe an Dritte; kein Verkauf, Werbeverbot | Keine Weitergabe an Dritte; Werbeverbot |
| Kontrolle | Regional unterschiedlich; begrenzte Aufsicht | regelmäßige Behördenkontrolle, Lizenz notwendig |
| Sichtbarkeit / Werbung | Diskret, kaum öffentliche Werbung, Instagram / Google Maps | Werbeverbot |
Quellen der Tabelle:
- Spanische Cannabis Social Clubs: Hanfverband – Überblick
- Deutsche Anbauvereinigungen: Apotheke Adhoc
Clubs, die ich besucht habe:
- Be Happy, einer der ältesten Clubs auf der Insel
- Premium CSC Lounge, recht neu und modern
- Herb Piece CSC, rougher Street Style
Danke für die Hilfe und Übersetzung:
- The Haze Crew
- Danke an Andrea als Übersetzer, der mir noch sein biologisches Produkt Sanodyna angepriesen hat. Es soll antibakteriell und antimykotisch wirken und ein sicheres, ungiftiges Desinfektionsmittel für Plantagen sein.
- Danke an den Grower MG Farms für die Übersetzung

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